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Vorwort des Vorstandsvorsitzenden

Sehr geehrte Leser:innen,

hinter uns liegt ein herausforderndes Jahr mit sich verschärfenden geopolitischen Spannungen und verheerenden Naturkatastrophen. Der Israel-Gaza-Krieg, der fortdauernde Krieg gegen die Ukraine und die Krise im Roten Meer sowie die starke Teuerung und Konjunkturflaute wirken sich auf das wirtschaftliche Geschehen aus und haben die Branche vor große Aufgaben gestellt. Die erwartete Erholung der für die Lenzing Gruppe relevanten Märkte blieb bisher aus. Die nach wie vor stark erhöhten Rohstoff- und Energiekosten auf der einen und die sehr verhaltene Nachfrage auf der anderen Seite beeinflussten die Geschäftsentwicklung der Lenzing im Berichtsjahr wie die der gesamten Branche negativ. Eine vollständige Rückkehr zu Wachstumsraten wie vor der Pandemie scheint laut dem IWF für die nächsten Quartale zunehmend außer Reichweite.

All die genannten Faktoren haben letztlich zu einem nicht erfreulichen Ergebnis im Geschäftsjahr 2023 geführt. Umso richtiger erweisen sich die Maßnahmen, die wir entschlossen und zu einem frühen Zeitpunkt gesetzt haben. So haben wir bereits 2022 ein ambitioniertes Kostensenkungsprogramm gestartet, das früher als geplant die erwarteten Ergebnisse geliefert hat. Darauf aufbauend setzen wir derzeit ein umfassendes Performance-Programm mit Fokus auf positiven Free Cashflow, gestärktes Umsatz- und Margenwachstum sowie nachhaltige Kostenexzellenz um. Das übergeordnete Ziel besteht darin, Lenzing noch stärker zu positionieren und ihre Krisenresilienz weiter zu steigern.

Denn mit den Folgen der sich fortsetzenden politischen Krisen steigt die unternehmerische Dringlichkeit, uns von den globalen Verwerfungen möglichst unabhängig zu machen. Voller Innovationskraft voranzugehen und erfolgreich nachhaltig zu wirtschaften, ist der beste Beitrag, den wir zu einer lebenswerten Gegenwart und Zukunft leisten können. Profitable und leistbare Nachhaltigkeit im großen Maßstab ist die Herausforderung, die sich für unsere Industrie stellt. Hier sind wir mit der Lenzing im letzten Geschäftsjahr einen großen Schritt vorangekommen. So können wir mit der Fertigstellung der konvertierten Produktionslinie für Modalfasern in Nanjing (China) erstmals auch unseren chinesischen Kunden lokal produzierte Fasern der Marke TENCEL™ anbieten. In Purwakarta (Indonesien) haben wir den Umbau zu einer hochmodernen Produktionsanlage erfolgreich abgeschlossen. Die Investition reduziert die Emissionen deutlich und verwandelt den Standort in einen Spezialviscose-Anbieter der Marken LENZING™ ECOVERO™, einschließlich der innovativen LENZING™ ECOVERO™ Black Fasern, und VEOCEL™, die die hohen Umweltstandards des international anerkannten EU Ecolabels erfüllen. Beide Projekte helfen uns, die strukturell wachsende Nachfrage nach unseren Spezialfasern noch besser bedienen zu können.

Kann für die ganze Welt nachhaltig produziert werden oder gibt es hier eine neue Grenze des Wachstums, die diese Entwicklung bremst? Das ist die Frage, die sich für uns, für Sie und für die Politik stellt, die den ökonomisch-ökologischen Wandel forciert. Lenzing arbeitet unermüdlich daran, die Industrien, in denen sie tätig ist, noch nachhaltiger zu gestalten und die Transformation des textilen Geschäftsmodells von einem linearen zu einem Modell der Kreislaufwirtschaft voranzutreiben. Damit dieser Wandel erfolgreich ist, sind weitere Anstrengungen der gesamten Branche und eine Politik nötig, die so ausgestaltet ist, dass gleiche Wettbewerbsbedingungen für die Nachhaltigkeitsvorreiter gelten.

„Profitable und leistbare Nachhaltigkeit im großen Maßstab ist die Herausforderung, die sich für unsere Industrie stellt. Hier sind wir mit der Lenzing im letzten Geschäftsjahr einen großen Schritt vorangekommen.“

Stephan Sielaff Vorstandsvorsitzender bei Lenzing

Deshalb ist dieser Geschäfts- und Nachhaltigkeitsbericht auch eine Einladung gemeinsam Antworten zu finden. Wir möchten alle unsere Partner einladen, mit uns gemeinsam die Textil- und Vliesstoffindustrien zu erneuern und einen positiven Wandel herbeizuführen. Dafür brauchen wir veränderte Verhaltensweisen und einen proaktiven, dynamischen Prozess auf allen Ebenen: neue Ansätze in Forschung und Entwicklung, technologisch brillante Lösungskonzepte und geballte Umsetzungskraft gepaart mit operativer Exzellenz, um Nachhaltigkeit in bislang nicht erreichten Dimensionen zu skalieren. Lassen Sie uns Strukturen neu denken und gemeinsam die Zukunft positiv gestalten!

Die vollzogene Kapitalerhöhung wird uns dabei helfen. Sie gibt uns den Spielraum, die Effizienz und Resilienz zu steigern, und die finanzielle Flexibilität, die die Grundlage für künftiges Wachstum ist. Neben dem Know-how bringt Lenzing auch die Kapazitäten in einer Größenordnung mit, die die nachhaltige Transformation großer Geschäftsbereiche ermöglichen. Als Vorreiter bei der optimierten Nutzung und Rückgewinnung aller Rohstoffe konnten wir die REFIBRA™ Technologie auf das Angebot von LENZING™ ECOVERO™ Fasern mit Recyclinganteil ausweiten. Das gibt unseren Partnern in der Wertschöpfungskette die Möglichkeit, gemeinsam den Übergang zu einer Kreislaufwirtschaft in der Textilindustrie vorwärts zu bringen.

Lenzing investierte in den vergangenen Jahren

200

Mio.

in die erfolgreiche Modernisierung ihrer Produktionsstandorte in China und Indonesien

Fortschritte haben wir auch bei Dekarbonisierung unseres Unternehmens gemacht. Am Standort Heiligenkreuz konnten wir ein Biomassekraftwerk zur Versorgung des burgenländischen Lyocellwerks erwerben. Die strategische Investition sorgt für zunehmende Energieunabhängigkeit und eine weitere CO2-Reduktion und stärkt das umweltschonende Spezialfaserangebot sowie die Standortsicherheit. In Purwakarta in Indonesien beziehen wir seit Kurzem Strom aus erneuerbaren Energien und treiben die Umstellung auf Biomasse im Einklang mit den Zielen von Lenzing voran, die CO2-Emissionen pro Tonne Produkt bis 2030 um 50 Prozent zu senken und bis 2050 klimaneutral zu produzieren.

Voran gekommen sind wir zudem beim Thema Transparenz in der Produktion und im Management: Die Zertifizierungen durch das Higg Facility Environmental Module (FEM), das Higg Facility Social and Labor Module (FSLM) und die ZDHC Foundation stellen unsere Führungsposition auch auf diesem Gebiet dar. Diversität, Inklusion und Mitarbeiterengagement sind Kernthemen, um uns weiter zu verbessern und Talente zu fördern. Konsequent beziehen wir das Erreichen von Nachhaltigkeitszielen in die Leistung und Vergütung von Top-Führungskräften ein.

Die vielen Gespräche mit Investoren und Aktionär:innen haben gezeigt, dass einerseits der herausfordernde Fasermarkt erkannt wird, andererseits haben wir viel Zuspruch für unser strategischen und operativen Schritte erhalten. So wurde die Kapitalerhöhung als vorausschauende Maßnahme zur Stärkung unserer Eigenkapitalposition verstanden und mitgetragen. 99,5 Prozent der Aktionär:innen haben von ihrem Bezugsrecht Gebrauch gemacht. Ein klares Signal, dass wir mit unserer Strategie auf die richtigen Maßnahmen setzen.

Mittel- und langfristig gehen wir weiter von einem stark steigenden Bedarf an nachhaltigen Produkten der Lenzing aus. Wir sind überzeugt, dass die beiden Investitionsprojekte in China und Indonesien unsere Positionierung dahingehend weiter stärken und wir mit den erfolgreich umgesetzten Schlüsselprojekten in Thailand und Brasilien einen profitablen Wachstumskurs verfolgen werden.

Ein großer Dank gilt auch unseren Kunden und Partnern, die unsere nachhaltigen Produkte und Leistungen schätzen, und nicht zuletzt den rund 8.000 Mitarbeiter:innen der Lenzing Gruppe, die Fantastisches geleistet haben und auch in herausfordernden Zeiten wie diesen Tag für Tag ihr Bestes geben, um unsere Innovations- und Marktführerschaft zu stärken und eine Trendwende herbeizuführen.

Ihr,

Stephan Sielaff
Vorstandsvorsitzender

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