Bei den Prozessinnovationen liegt der Fokus auf der fortlaufenden Verbesserung der Zellstoff- und Faserproduktionsprozesse. Lenzing arbeitet kontinuierlich an der Ressourceneffizienz, Arbeitssicherheit, Prozessstabilität und Qualität. Die aktuellen Entwicklungsaktivitäten auf dem Gebiet der Zellstoff-Produktion zielen darauf ab, das Bioraffinerie-Konzept weiter zu verbessern und dadurch den Holzverbrauch zu optimieren. Ein weiteres Thema ist die Reduzierung der Schwefelemissionen durch technologische Verbesserungen und Nachbehandlungssysteme. Diese Maßnahmen ermöglichen eine wirksame Reinigung der Abgase und die Einhaltung (und Übertreffung) der Emissionsvorschriften.
Grundlage für die nachhaltigen Innovationen ist der Einsatz sehr ausgereifter Produktionsprozesse für Faserzellstoff (einschließlich Bioraffinerie-Produkte) und Fasern (Viscose, Modal und Lyocell). Die Lyocell-Technologieplattform wurde bereits auf die Herstellung weiterer Materialien erweitert, nämlich Filamente und direkt gesponnene Vliese. Eine Anzahl an neuen Innovationen wurden in den letzten Jahren entwickelt, die zu erheblichen Verbesserungen des Lyocellverfahrens in Bezug auf Effizienz und Qualität, aber auch zur Verringerung des Energie- und Chemikalienverbrauchs geführt haben.
Obschon sich der Hauptsitz von Lenzing in Mitteleuropa befindet, betreibt die Gruppe mehrere Produktionsstandorte auf der ganzen Welt. Bedingt durch die Rechtsvorschriften in Europa auf der einen und die Nachfrage der Kunden nach höheren Standards in Bezug auf Umweltauswirkungen und Produktnachhaltigkeit auf der anderen Seite, hat Lenzing 2023 ihre Bestrebungen zur Erfüllung der europäischen Standards nicht nur an ihren Produktionsstandorten in Europa, sondern auch im nicht-europäischen Ausland ausgeweitet.
Eine wesentliche Errungenschaft im Jahr 2023 betraf die Umsetzung des technischen Konzepts und die Aufnahme der Produktion von Viscosefasern der Marke LENZING™ ECOVERO™ am Standort Purwakarta (Indonesien).
INVESTITIONEN DER LENZING GRUPPE IN SAUBERE TECHNOLOGIEN
EUR 100 Mio. schweres Projekt zur Modernisierung des Standorts Purwakarta (Indonesien)
Lenzings Produkte aus Purwakarta wurden 2023 zum ersten Mal mit dem EU-Umweltzeichen (EU Ecolabel) ausgezeichnet. Der Standort stand im Mittelpunkt einer umfassenden Modernisierungskampagne. Im Berichtsjahr wurden zwei wichtige Modernisierungen am Standort abgeschlossen.
Eine neue Schwefelrückgewinnungsanlage ist ein großer Schritt auf dem Weg zur Erreichung des Ziels „Luftemissionen“ der Gruppe. Die Anlage ist vollständig in Betrieb und hat die Schwefelemissionen in die Luft erfolgreich gesenkt. Die Daten der ersten Betriebsmonate zeigten sogar eine starke positive Auswirkung auf den weiter gefassten Parameter der spezifischen Luftemissionen auf Konzernebene.
Die modernisierte Kläranlage wird Ende dieses Berichtsjahres in Betrieb genommen und soll die CSB-Emissionen am Standort erheblich reduzieren und zur Verbesserung der Gesamtleistung der Lenzing Gruppe beitragen, sobald sie Anfang 2024 in Betrieb genommen wird.
Während der Standort bereits zuvor den lokalen indonesischen Vorschriften gerecht wurde, wendet er nun zusätzlich die neuesten europäischen Umweltstandards im Hinblick auf Abgasaufbereitungstechnologien und Schwefelemissionen in der Luft an. Die an diesem Standort hergestellten LENZING™ ECOVERO™ Fasern werden unter Bezugnahme der EU-BVTs hergestellt und haben das EU Ecolabel erhalten. Anstatt ausschließlich Standardviscosefasern herzustellen, ist der Standort nun in der Lage, auch Spezialviscosefasern der Marke LENZING™ ECOVERO™ zu produzieren. Damit wird Lenzing ihrem Kundenversprechen eines deutlich reduzierten ökologischen Fußabdrucks des Produkts und verbesserter Produktmerkmale gerecht.
Kernstück des Projekts vor Ort war die Kombination eines Programms zu Verbesserung des Abgassystems, das die Nutzung der bestehenden Abgasaufbereitungsanlagen optimiert, sowie die Errichtung einer neuen Kohlenstoffadsorptionsanlage zur Schwefelrückgewinnung, um die Abgasaufbereitungskapazitäten am Standort deutlich zu erhöhen. Das Rückgewinnungskonzept ist auf dem neuesten Stand der Technik und nun in der Lage, sämtliche Abgase aus der Faserherstellungsanlage aufzubereiten, bevor diese in die Umwelt gelangen.
Zu den weiteren technologischen Entwicklungen und Verbesserungen zählt ein Geruchstestverfahren (einschließlich neuer Testmethoden), das auf Basis einer Fehler-Ursachen-Analyse entwickelt und zur Unterstützung der Produktentwicklungsinitiative „No smell fiber“ umgesetzt wurde.
Was grundlegendere Entwicklungen anbelangt, so liegt ein aktueller Schwerpunkt auf Technologien zur effizienteren Entfernung von Wasser aus verschiedenen Prozessströmen im Vergleich zu den herkömmlichen, sehr energieintensiven Verdampfungstechnologien. Auch diese Technologien können erheblich dazu beitragen, den Energieverbrauch und damit den CO2-Fußabdruck der Fasern weiter zu verringern.
Darüber hinaus laufen Projekte zur weiteren Reduzierung des Wasser- und Prozesschemikalienverbrauchs. Diese Aktivitäten werden durch Simulation und Modellierung begleitet und unterstützt. Lenzing wird in naher Zukunft ihre Aktivitäten im Bereich des Textilrecyclings deutlich verstärken. Das ist eine sehr anspruchsvolle Aufgabe, die nicht nur die Produktion von Recycling-Zellstoff umfasst, sondern auch die Verarbeitbarkeit von Recycling-Zellstoff in den verschiedenen Faserproduktionsprozessen. Hierbei ist ein ganzheitlicher Ansatz vom Zellstoff über die Faserproduktion bis hin zu den Anwendungen im Textil- und Vliesstoffbereich erfolgsentscheidend.
Ein aktueller Schwerpunkt ist die Erhöhung der Bioraffinerie-Integration an den Faserzellstoffstandorten von Lenzing und damit die Ausweitung der stofflichen Nutzung des Rohstoffes Holz. Mehrere Projekte im Zusammenhang mit der Zellstoff-Produktion befassen sich mit der Schließung von Kreisläufen (z. B. selektive Schwefeldioxidadsorption, verstärkte Rückgewinnung von Natronlauge) und der Reduzierung von Abwässern (z. B. Sulfat in der Faserzellstoff- und Viscosefaserproduktion). Weitere Themen, die immer mehr an Bedeutung gewinnen, sind die Steigerung der Energieeffizienz und die Reduzierung der THG-Emissionen.