Maßnahmen
[ESRS E5-2; GRI 3-3d, 306-2]
Eine Zusammenfassung der „Gesetzten Maßnahmen“ findet sich im Managementansatz am Anfang des Kapitels.
Lenzing verfolgt ihre Vision, indem sie drei zentrale Verfahrensweisen anwendet, die verschiedene Elemente der Kreislaufwirtschaft in ihr zirkuläres Geschäftsmodell integrieren. Diese Verfahrensweisen sind in Abb. „Kreislaufwirtschaftsmodell“ dargestellt und nachfolgend beschrieben:
- Natürliche Kreisläufe
- Ressourceneffiziente Produkte und Technologien
- Entwicklung kommerzieller Recyclingtechnologien
Kreislaufwirtschaftsmodell
Natürliche Kreisläufe
Herkunft
Lenzing Fasern bestehen aus Cellulose, einem der am häufigsten vorkommenden organischen Polymere, die biologisch abbaubar ist und aus dem nachwachsenden Rohstoff Holz gewonnen wird. Lenzing bezieht Holz aus nachhaltig bewirtschafteten Wäldern und Plantagen, was ständige Bemühungen erfordert. Weitere Informationen zu Zertifizierungen finden Sie im Abschnitt „Beschaffung“, Kapitel „G1 Unternehmensführung“.
LENZING™ Lyocell-, Modal- und Viscose-Standardfasern sind vom TÜV Österreich als biologisch abbaubar und kompostierbar zertifiziert.1 Die sichere Entsorgung dieser Fasern in die natürliche Umwelt ermöglicht es, den Cellulosematerialkreislauf im Einklang mit dem biologischen Kreislauf zu schließen. Natürliche Kreisläufe umfassen den biologischen Kreislauf und konzentrieren sich auch auf verschiedene Lösungen für das Lebenszyklusende.
GLETSCHERSCHUTZVLIES
Das Abschmelzen der Gletscher ist symbolisch für die Auswirkungen der Erderwärmung. Als Unternehmen, das sich den wissenschaftlich fundierten Zielen zur Begrenzung der Erderwärmung verpflichtet hat, sucht Lenzing auch nach neuen Produktlösungen, die zu diesem Thema beitragen können. Ein Paradebeispiel und Highlight war 2023 die Entwicklung eines Gletscherschutzvlieses, das zu 100 Prozent aus Lenzing Cellulosefasern hergestellt wurde. Diese preisgekrönte Innovation (bei den CNMI Sustainable Fashion Awards 2024 mit dem „Biodiversity and Water Award“ ausgezeichnet) trägt zum Schutz der Gletscher bei, ohne zur Mikroplastikverschmutzung beizutragen.
2024 wurden die Vliese, mit denen die Gletscher an sechs Standorten in Österreich und der Schweiz über eine Schnee- und Eisfläche von über 20.000 qm im Sommer abgedeckt worden waren, wieder entfernt. Nach weiteren strengen Tests begann ein dreistufiger Prozess bestehend aus Reinigen, Trocknen und Reißen. Im Anschluss wird Lenzing die nächste Phase dieses zirkulären Konzepts erforschen und die Fasern des gesammelten Materials recyceln.
Ende des Lebenszyklus
Lenzing ist kontinuierlich bestrebt, sich anhand eines stärker anwendungsspezifischen Ansatzes je nach Material, Endprodukt und Märkten mit verschiedenen Lösungen am Ende des Lebenszyklus, wie etwa biologische Abbaubarkeit, Recycling oder Wiederverwendung zu befassen. Daher beteiligt sich Lenzing strategisch an politischen Diskussionen und an Kreislauf-Initiativen, um den weltweiten Übergang zu ganzheitlicherem Wirtschaften weiterzuentwickeln und voranzutreiben.
Ressourceneffiziente Produkte und Technologien
Die ressourceneffizienten Produkte und Technologien von Lenzing werden 2024 zur Verfügung stehen und Lenzing ist bestrebt, diese kontinuierlich weiterzuentwickeln.
Bioraffinerie für die Zellstoffproduktion
Bei der Zellstoffproduktion wird Holz zu Faserzellstoff verarbeitet, um anschließend Fasern daraus herzustellen. An den Zellstoffstandorten von Lenzing ist dies ein energieautarker Prozess, bei dem Rohstoffe effizient eingesetzt und Lösungsmittel sowie Chemikalien mit hohen Raten zurückgewonnen werden. Dadurch werden marktfähige Bioraffinerieprodukte und Energie erzeugt, gleichzeitig werden Produktionsabfälle verringert (Abbildung „Hocheffizienter Einsatz des Rohstoffes Holz in den Bioraffinerien“). Die Lenzing Gruppe betreibt drei Bioraffinerien: eine in Lenzing (Österreich), eine in Paskov (Tschechien) und eine in Indianópolis (Brasilien). Die wertvollen Bioraffinerieprodukte bietet sie anderen Branchen an und leistet damit einen wichtigen Beitrag zur Kreislaufführung und maximalen Nutzung von Holz und Prozesschemikalien. Weitere Informationen zu Lenzings Produktabflüssen finden Sie im Abschnitt „Ressourcenabflüsse“ in diesem Kapitel.
Hocheffizienter Einsatz des Rohstoffes Holz in den Bioraffinerien

Überschüssige Energie aus der Zellstoffproduktion wird in Form von Dampf und Strom als erneuerbare Energie bereitgestellt. Am Standort Lenzing (Österreich) wird die überschüssige Energie direkt in die Faserproduktionsanlagen eingespeist. In Paskov (Tschechien) und Indianópolis (Brasilien) wird überschüssige Energie in das Stromnetz eingespeist und damit der Umstieg auf erneuerbare Energie in diesen Regionen unterstützt. Dies ist ein Paradebeispiel für die Kaskadennutzung von Biomasse und die 100-prozentige Verwertung von holzbasierten Rohstoffen.
Faserproduktion
Lenzing produziert Spezialfasern und entwickelt innovative Cellulosefaser-Technologien. Die hochwertigen Fasern Viscose (Rayon), Modal und Lyocell werden an die Textil- und Vliesstoffindustrie geliefert und für industrielle Anwendungen verwendet und wegen ihrer besonderen Eigenschaften geschätzt.
Das Lenzing Lyocellverfahren ist zudem eine Produktionstechnologie mit einem geschlossenen Kreislauf, die die Herstellung von Cellulosefasern mit Hilfe eines organischen Lösungsmittels ohne chemische Modifikation der Cellulose ermöglicht. Der Prozess folgt einem einfachen Lösungsverfahren und ermöglicht die Rückgewinnung des Lösungsmittels zu 99,8 Prozent und dessen Rückführung in den Prozess. Dies vermeidet Abfälle, sorgt für eine hohe Ressourcennutzung und führt zu einem geringeren Wasserverbrauch und weniger Emissionen. Für die Herstellung von Viscose- und Modalfasern werden komplexere Chemikalien benötigt. Gleichzeitig können dabei Prozesschemikalien zurückgewonnen werden, die am Markt verkauft werden und konventionell hergestellte Substanzen ersetzen. Allgemein vermeidet oder verringert die Rückgewinnung von Lösungsmitteln und Chemikalien Umweltauswirkungen und folgt Praktiken der Kreislaufwirtschaft. Weitere Informationen finden Sie im Fokuspapier „Verantwortungsvolle Produktion in der Lenzing Gruppe“.
Produktionsschritte in der Textilindustrie
Um die Herausforderungen im Zusammenhang mit Abfall in der Textilindustrie zu meistern, hat Lenzing REFIBRA™, eine innovative Recyclingtechnologie, entwickelt. Sie beinhaltet das Recycling von Stoffresten aus der Bekleidungsproduktion und Alttextilien, die mit Faserzellstoff aus Holz vereint und zu neuen Fasern verarbeitet werden. Die Abteilung für Forschung und Entwicklung von Lenzing arbeitet an ständigen Verbesserungen der Technologie.
WIR GEBEN ABFALL EIN NEUES LEBEN. JEDEN TAG
Ganz im Sinne ihrer Vision „Wir geben Abfall ein neues Leben. Jeden Tag“ strebt Lenzing danach, das Recycling von Textilabfällen zu einem gängigen Standardprozess ähnlich wie das Papierrecycling zu machen. Lenzing hat sich ein Ziel gesetzt und Maßnahmen ergriffen, um diese Vision zu verwirklichen: Geplant ist ein Angebot von Viscose-, Modal- und Lyocell- Stapelfasern mit einem Alttextilien-Recyclinganteil im industriellen Maßstab. Weitere Informationen finden Sie im Kapitel „Nachhaltigkeitsziele, Maßnahmen und Fortschritte bei der Zielerreichung“ in diesem Kapitel.
Management von Produktionsabfällen
Es gibt verschiedene Bereiche, in denen an den Standorten von Lenzing Abfall entsteht, wie z. B. in Produktionsprozessen und bei der Verpackung von bezogenen Waren oder einzelnen Faserballen. Lenzing folgt einer Abfallhierarchie und vermeidet Abfälle wo immer möglich. Weitere Informationen zu Lenzings Abfällen finden Sie im Abschnitt „Abfallmanagement“ in diesem Kapitel.
KREISLAUFWIRTSCHAFT DURCH DESIGN FÖRDERN
Um die Kreislaufwirtschaft in der Branche zu fördern, hat Lenzing 2024 gemeinsam mit ihrem langjährigen Partner Södra ihr Fachwissen in einem Leitfaden für Designer veröffentlicht. Er soll Designer inspirieren, beim Entwurf von Kleidungsstücken darauf zu achten, dass die Fasern recycelt werden können und sich die Denkweise und die Branche verändern, hin zu einem stärker zirkulären Geschäftsmodell. Darüber hinaus können Designer, wenn sie während des Designprozesses verschiedene Grundsätze wie z. B. Haltbarkeit und Langlebigkeit, Reparaturfähigkeit, Faser-Rrecyclingfähigkeit etc. beachten, negative Umwelt- und Klimaauswirkungen in der Textilindustrie weiter verringern.
Um ihre Praktiken der Kreislaufwirtschaft zu fördern, setzt Lenzing so weit wie möglich recycelte oder wiederverwendete Materialien ein, statt noch mehr natürliche Rohstoffe zu nutzen. Dabei ist allerdings zu bedenken, dass Recyclingprozesse äußerst energieintensiv sein können, da die Zerlegung von Textilien, Mischmaterialien und der für die Textilproduktion verwendeten Chemikalien komplex ist. Daher ist ein ganzheitlicher Ansatz erforderlich (z. B. Design für Kreislaufwirtschaft; Nutzung von erneuerbarer Energie und umweltfreundlichen Chemikalien in der Wertschöpfungskette), um den Klimawandel und andere potenzielle Umweltauswirkungen wirksam zu bekämpfen.
Welche Maßnahmen Lenzing bei ihren eigenen Tätigkeiten mit Blick auf die „Negative Auswirkungen auf die Umwelt, wenn die Abfälle der Textilindustrie nicht ordnungsgemäß entsorgt werden“ ergreift, können Sie dem Abschnitt „Abfallmanagement“ in diesem Kapitel entnehmen.
Lenzing hat in Bezug auf diese Auswirkung auf ihre nachgelagerte Wertschöpfungskette keine Maßnahmen ergriffen, Lenzing hat diesbezüglich Prioritäten gesetzt und arbeitet schrittweise an den wichtigsten Themen.
Kommerzielle Recyclingtechnologien
Lenzing verwendet zwei Arten von Recycling, chemisch und mechanisch. Beide sind 2024 in Verwendung und werden ohne explizites Enddatum weitergeführt. Zellstoff aus chemisch recycelten Baumwoll-Alttextilien wird verwendet, um mit Hilfe der REFIBRA™ Technologie zusammen mit Faserzellstoff aus Holz neue Fasern herzustellen. Dadurch kann ein Teil des Baumwollabfalls und des Faserzellstoffs als Rohstoff wiederverwendet werden.
Viscosefasern der Marke LENZING™ ECOVERO™, die mit der REFIBRA™ Technologie hergestellt wurden, enthalten einen recycelten Anteil von mindestens 20 Prozent aus Stoffresten aus der Bekleidungsproduktion und Alttextilien. Daraus entstehen hochwertige Fasern mit den gleichen Eigenschaften wie Fasern aus rein holzbasiertem Faserzellstoff. Diese Fasern sind mit dem Recycled Claim Standard (RCS) erhältlich, der zertifiziert, dass alle Produktionsprozesse der Lieferkette entsprechende Schritte durchlaufen haben, um die Integrität des Endproduktes zu gewährleisten.
Daneben können Lenzing Fasern auch als Beimischung beim mechanischen Recycling von Textilien eingesetzt werden (Post-Industrial, Pre-Consumer/Post-Consumer). Diese Textilien werden beim mechanischen Recycling so weit wie möglich bis auf das einzelne Faserlevel zerkleinert. Da die Faserlänge verkürzt wird und die Fasern an Performance (z. B. Festigkeit) einbüßen, benötigen diese mechanisch recycelten Fasern Trägerfasern, um zu neuem Garn gesponnen zu werden. Lenzing Fasern werden erfolgreich als Trägermaterial für mechanisch recycelte Fasern eingesetzt. Nähere Informationen finden Sie im Abschnitt „Net Benefit-Produkte und -Technologien“ im Kapitel „Nachhaltige Innovationen“. Die Maßnahmen im Bereich Recycling entnehmen Sie bitte dem Abschnitt „Finanzierung nachhaltiger Entwicklungen“ im Kapitel „Nachhaltige Innovationen“.
Marken & Einzelhändler
Marken und Einzelhändler besitzen nicht nur Einfluss, um Kunden Produkte mit Recyclinganteil anzubieten, sondern können Textilprodukte auch so konzipieren, dass sie in puncto Haltbarkeit, Recyclingfähigkeit und biologische Abbaubarkeit die Kreislaufwirtschaft fördern. Lenzing beteiligt sich an einem aktiven Forschungs- und Entwicklungsprojekt (siehe CELLFIL-Projekt im Abschnitt „Einbeziehung von Stakeholdern“ in diesem Kapitel) zur weiteren Verbesserung der Nutzung von Pre-Consumer-Textilabfällen für die Produktion von vollständig biobasierten und biologisch abbaubaren Fasern.
Nutzungsphase
Lenzing ist bestrebt, die bestmöglichen Materialien für Produkte anzubieten, sodass Verbraucher:innen und Endnutzer:innen Produkte kaufen können, die ihren Anforderungen an Performance und Nachhaltigkeit entsprechen.
Daher ist ein Ziel von Lenzing, Alttextilien effizienter zu verwerten. Angesichts der Komplexität globaler Wertschöpfungsketten arbeitet Lenzing mit verschiedenen Stakeholdern zusammen, die den systemischen Wandel in der Textil- und Vliesstoffindustrie entschlossen vorantreiben wollen.
Partnerschaften
Im Jahr 2024 ist die Lenzing Gruppe zahlreiche langfristige Kooperationen und Partnerschaften eingegangen, um den systemischen Wandel in der Textil- und Vliesstoffindustrie voranzutreiben.
Transparenz erleichtert Partnerschaften und bildet die Grundlage für einen glaubwürdigen Nachhaltigkeitsauftritt. Dies gilt insbesondere für die Kreislaufwirtschaft als wichtiges Thema der künftigen EU-Gesetzgebung. Ein umfassenderes Verständnis der Lieferanten von Lenzing sowie der nachgelagerten Kunden ist entscheidend für die Minimierung der gesamten Umweltauswirkungen sowie der sozialen Auswirkungen der Lenzing Gruppe und führt das Unternehmen auf den richtigen Weg, um bis 2050 Netto-Null-THG-Emissionen zu erreichen („Langfristiges wissenschaftlich fundiertes Netto-Null-Ziel“).
„Partnerschaften für den systemischen Wandel“ ist eines der Grundprinzipien von Lenzings Nachhaltigkeitsstrategie „Naturally Positive“, um gemeinsam mit den wichtigsten Stakeholdern von Lenzing die gesteckten Ziele zu erreichen. Lenzing führt daher einen aktiven Dialog mit Lieferanten, um Chemikalien mit geringem CO2-Fußabdruck zu beziehen, wie etwa mit erneuerbarer Energie hergestellte Natronlauge. Dieser laufende Dialog ist wichtig, um den CO2-Fußabdruck von Lenzings Produkten zu verringern und die Scope 3 Reduktionsziele zu erreichen.
Diese wichtigen Kooperationen werden durch die Teilnahme an verschiedenen Initiativen ergänzt, die auf eine Förderung der Kreislaufwirtschaft in der Modeindustrie ausgerichtet sind. Spezifische Einzelheiten zur Zusammenarbeit mit den einzelnen Interessengruppen finden Sie in den Beschreibungen der einzelnen Interessengruppe im Abschnitt „Einbeziehung von Stakeholdern“ in diesem Kapitel.
VEOCEL™ UND NAïF FEUCHTTÜCHER
2024 hat LENZING™ zusammen mit Naïf Feuchttücher für die Babypflege auf den Markt gebracht, die aus Lyocellfasern der Marke VEOCEL™ hergestellt werden. Im Vergleich zu den meisten anderen Feuchttüchern sind die Naïf Baby-Feuchttücher plastikfrei und werden aus VEOCEL™ Cellulosefasern hergestellt, die aus dem Rohstoff Holz gewonnen werden. Sie enthalten ausschließlich pflegende natürliche Inhaltsstoffe und keinen Alkohol- oder Parfümzusatz. LENZING™ und Naïf wollen so in der Branche einen Umstieg von fossilbasierten synthetischen Fasern auf umweltfreundliche Methoden bewirken. Die empfindliche Babyhaut steht für sie allerdings nach wie vor an erster Stelle.
1 Zu den LENZING™ Fasern, die vom TÜV als biologisch abbaubar (Boden, Süßwasser & Meer) und kompostierbar (Haushalt & Industrie) zertifiziert sind, gehören die folgenden Produkte: LENZING™ Viscose Standard Textilien/Nonwovens, LENZING™ Lyocell Standard Textilien/Nonwovens, LENZING™ Modal Standard Textilien, LENZING™ Lyocell Filament, LENZING™ Lyocell Dry und LENZING™ Nonwoven Technology. Ausnahmen in der Zertifizierung gibt es für die Faser LENZING™ Lyocell Filament, bei der die erforderlichen Tests zur Bestätigung der biologischen Abbaubarkeit in Meeresumgebung nicht durchgeführt wurden.